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Das ›neue‹ ELKG

Die Erweckungsbewegung

»Die deutsche Klassik in ihren bedeutenden Dichtungen und die Romantik in ihrer Hinwendung zum Volkstümli­chen, zum christlich­verklärten Mittelalter und zum reli­giös­künstlerischen Lebensentwurf bereiteten den Boden für eine neue Wertschätzung des Kirchenliedes. Die natio­nalen Motive der Freiheitskriege gegen Napoleon und die geistlichen Impulse der Erweckungsbewegungen gaben ihm das prägende Profil. In gefühlvollen Fest­ und Glau­bensliedern suchten die Dichter die Erfahrung von Sünde und Gnade als ihr Bekenntnis zu Jesus Christus auszuspre­chen. So auch in dem für diese Epoche charakteristischen Missionslied, das am Pietismus anknüpfte und den Blick für die weltweite Verbreitung des Evangeliums öffnete.«

Durch die Auseinandersetzungen mit den Unionsbestre­bungen seit 1817 und die Beschäftigung mit den lutheri­schen Bekenntnissen kommt es neben einer Erweckung auch zu einer konfessionell­lutherischen Bewusstwerdung in Preußen, Sachsen, Hamburg, Hermannsburg, Hessen, Nassau, Baden und Franken und führt zu ersten Bildungen selbstständiger lutherischer Kirchen und Gemeinden (Preu­ßen 1830, Hamburg 1841, Nassau 1846 und Baden 1865).

»Aus einem neuen Geschichtsbewusstsein von Volkstum und Kirchlichkeit wurde das wertvolle Liedgut früherer Epochen wieder entdeckt (so auch von August Vilmar, Klei­nes evangelisches Gesangbuch, Marburg, 1838), umfassend gesammelt (Wackernagel, Fischer, Tümpel) und von der jungen Wissenschaft der Germanistik systematisch nach Herkunft und Verbreitung erforscht.«

So kommt es auch zum Erscheinen der ersten Generation konfessionell lutheri­scher Gesangbücher (Missourisynode, Kirchengesangbuch, St. Louis 1847; Theodor Crome, Gesang­ und Gebetbuch, Köln 1856; Theodor Harms, Das singende und betende Zion, Hermannsburg 1860). Parallel zur Erneuerung des Kirchen­liedes kommt es in den lutherischen Kirchen Deutschlands auch zu einer Erneuerung der gottesdienstlichen Formen (z.B. Löhe, Agende), in deren Zuge auch das Psalmensingen (Introiten) und die Pflege des liturgischen Stundengebe­tes wieder aufkommt. Ebenso ist damit ein Aufblühen der Singchorarbeit und seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch die Entstehung der Posaunenchorarbeit verbunden.

> Das Ringen um Selbständigkeit von Kirche und Theologie